DIE LIEBE RECHNET NICHT

(Predigtgedanken zum 22. Sonntag im Jahreskreis LK 14,1-14)

DEMUTS-HEUCHLER?

Das heutige Evangelium möchte an unsere Gesinnung appellieren. Jesus beobachtet, wie offensichtlich einige Gäste nicht einfach zum Feiern und zur Ehrung des Gastgebers gekommen sind, sondern die Teilnahme am Festmahl dazu nutzen oder missbrauchen, sich selbst ins Rampenlicht zu bringen. Wenn sie ihr Verhalten nicht bedenken und ändern, wird auch der Ratschlag Jesu, sich auf den letzten Platz zu setzen, nicht viel helfen. Denn man kann sich ja auch heuchlerisch-demütig auf den letzten Platz setzen, um dann in einer großen Show höher hinauf zu rücken. Gnade dem Gastgeber, der die Schein-Demütigen nicht entdeckt und sie nicht in großer Geste nach oben komplimentiert; die Demuts-Heuchler werden es ihn bei erstbester Gelegenheit spüren lassen.

Wenn wir davon ausgehen, dass Jesus uns nicht zu einer geheuchelten Demut aufrufen will, so bleibt die Frage: Wofür möchte er uns die Augen öffnen?
Anerkennung und Ehre spielen in unserem Leben eine wichtige Rolle. Ohne Anerkennung kommt wenig Freude auf. Ohne Lob versiegen auf Dauer Schwung und Elan in uns. Anerkennung brauchen wir Menschen wie das tägliche Brot. Völlig auf sie zu verzichten, kann daher nicht das Anliegen Jesu sein. Es muss ihm um die innere Einstellung zu Lob und Anerkennung gehen.

Anerkennung – so sollen wir begreifen – ist ein Geschenk. Um es auf ehrliche Weise zu erhalten, darf man den anderen nicht bedrängen oder zu einem Lob quasi erpressen. Es muss aus einer freien Haltung heraus gegeben werden, damit die Aufrichtigkeit gewahrt bleiben kann. Bei quasi erzwungenem Lob weiß man nie genau, wie ehrlich es ist. Jesu Antwort lautet: Lass den anderen die Freiheit, ob und auf welche Weise sie dich loben oder ehren wollen.

ANERKENNUNG SCHENKEN

Nun ist es leider so, dass wir Menschen das Loben und Anerkennen oft vergessen und vernachlässigen. So manches wohlverdiente Lob fällt unter den Tisch. Oder weil wir zu den Kleinen und Unauffälligen zählen, wird unser Name kaum genannt, unserer Leistung kein Gewicht beigemessen.

In diesen Situationen ist es gut und hilfreich zwei Dinge zu bedenken. Einmal höre ich Jesus sagen: Bleib ruhig und vertraue darauf, dass Gott dich nicht übersieht. Er wird dir in seinem Herzen jenen Ehrenplatz geben, den du verdient hast. Mögen Menschen dir auch die gebührende Ehre und Anerkennung versagen; Gott wird dies nicht tun.

Und als Zweites gilt es zu beachten, wenn uns gebührende Anerkennung nicht gezollt wird. Wir dürfen und sollten uns auch selber loben, wo es berechtigt ist. Was wir gut vollbracht haben, darauf dürfen wir stolz sein und uns sagen: Das hast du gut gemacht. Niemand – außer Gott – weiß genau, wie viel Mühe, Liebe, Energie wir in unser jeweiliges Wirken setzten. Letztlich kann das nur jeder für sich selbst beurteilen. Wo unser Verhalten und Wirken in guter Absicht und mit Hingabe geschah, dort sollten wir auskosten, dass wir zuverlässig, aufrichtig, mutig, entschlossen, von Liebe und Güte geprägt handelten. Dieser Stolz ist gut und berechtigt und vernünftig. Er gibt uns die Kraft, um Anerkennung nicht buhlen zu müssen.

Die uns zustehende Anerkennung von Seiten Gottes ist uns gewiss. Klären müssen wir für uns, ob wir unseren Wert mehr vom Lob der Mitmenschen abhängig machen wollen oder von der eigenen Freude über das, was wir uns selbst ehrlicher Weise an Lob und Anerkennung sagen und zubilligen können.

LIEBE RECHNET NICHT

Wie sehr es Jesus um die innere Haltung und Gesinnung geht, wird auch in seinem zweiten Hinweis deutlich. Dort fordert er uns auf: Wir sollen unser Gutsein und unsere Liebe nicht zu einem Tauschgeschäft verkommen lassen, indem wir nur die einladen oder nur denen Gutes erweisen, die uns das Gute bei Gelegenheit wieder vergelten. Gibst du mir – gebe ich dir. Lädst du mich ein – lade auch ich dich ein. Habe ich keine Vorteile von dir – bist du für mich uninteressant.

Wie Gottes Liebe allen zuteil wird, unabhängig davon, wie die Menschen sich ihm gegenüber verhalten, so soll unsere Liebe in unserem Wesen verankert sein. Wie Jesus in seinem Handeln ganz von der Liebe bestimmt wurde, so sollen auch wir uns von echter Liebe leiten lassen. Wahre Liebe rechnet nicht, zählt nicht, erwartet keine Gegenleistung. Sie wird sich außerdem immer auch denen zuwenden, die gar nicht die Möglichkeit haben, uns unser Gutsein zu vergelten. Jesus benennt konkret die Armen, dann Lahme und Blinde, also Menschen, die von ihrer Gesundheit her nie in die Lage versetzt werden, sich revanchieren zu können. Neben den von Jesus angeführten Beispielen könnten wir noch ergänzend hinzufügen: Wie sieht es aus mit den Menschen, die uns Unrecht taten, die sich selbst verschuldet ins Unglück brachten, die unseren guten Rat, der ihnen helfen würde, nicht annehmen. Auch ihnen unser Wohlwollen zu erhalten und sie nicht beiseite zu schieben, ist Jesu Anliegen an uns.

Wieder stellt sich die Frage wie schon bei Lob und Anerkennung: Will ich mein Handeln abhängig machen von den Mitmenschen und ihrem Verhalten mir gegenüber oder mühe ich mich, meine Gesinnung der Einstellung Gottes und seines Sohnes Jesus Christus anzugleichen? Selig preist Jesus unser Bemühen, wenn es einer geläuterten Gesinnung entspringt. Wie Gott nicht nach dem Motto handelt „Weil du mir gegeben hast, gebe auch ich dir“, so sollen wir immer mehr hineinwachsen in eine Haltung, die Freude daran findet, Liebe großmütig und ohne Berechnung zu verschenken. Je mehr uns dies gelingt, je deutlicher wir uns ehrlich sagen können „Ich bemühe mich ernsthaft, die Liebe echt zu leben“, umso unabhängiger werden wir davon, ob und in welchem Umfang wir gelobt werden.

Lassen wir Jesu Beispiele auf uns wirken. Sie führen uns zu innerer Reife. Denn sie verhindern, dass wir geschöntem Lob aufsitzen, das wir uns erbettelt haben, und dass wir in unserer Liebe weit hinter dem zurück bleiben, was wahre und echte Liebe ausmacht.
Wie Gott uns sieht, ob er voll des Lobes über uns ist, danach müssten wir uns fragen.
Er hat uns eingeladen zur Mahlfeier. Geben wir ihm die Ehre als seine geladenen Gäste.

Seneschall Matthias David