WEGE ZUR BEGEGNUNG MIT DEM AUFERSTANDENEN

GLAUBE UND WOHLSTAND

Ein mittlerweile verstorbener Mitbruder war der festen Überzeugung, die gegenwärtige Glaubenskrise sei eine Folge des Wohlstandes. Für ihn lag es auf der Hand, dass die Menschen in der Not der Nachkriegszeit, in der er aufgewachsen war, viel offener für Glauben und Religion waren. Dass die Menschen damals zugänglicher für religiöse Fragen und religiöse Antworten waren, kann man kaum bestreiten. Den Wohlstand als entscheidenden Faktor will ich jedoch nicht wahrhaben.

Was macht den Menschen empfänglich für den Glauben? Unter welchen Bedingungen ist jemand bereit, sich in religiöser Hinsicht neu zu orientieren?
Solange alles im Leben glatt geht, gibt es kaum einen Anlass umzudenken und nach neuen Lösungen zu fragen. Vielen bleibt in der Hektik unserer schönen modernen Welt kaum Zeit nachzudenken. Und neue Lösungen braucht es auch nicht unbedingt. Das Gute ist der Feind des Besseren… In Krisenzeiten hingegen brechen viele Fragen von selbst auf.

ZUGANG ZUM GLAUBEN

Das Evangelium des Ostermontags erzählt uns, wie zwei Jünger zum Glauben an die Auferstehung Jesu gekommen sind. Für sie war eine Welt zusammengebrochen, als sie mit ansehen mussten, wie Jesus gescheitert ist. Nun wollen sie dorthin zurückkehren, von wo sie einmal aufgebrochen waren, um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Sie haben allen Grund, ihre unerfüllten Hoffnungen zu begraben und sich ins Private zurückzuziehen.

Noch sind sie offen für Gespräche. Einem Unbekannten schütten sie ihr Herz aus und erzählen sie ihre notvollen Erfahrungen. Am Ziel ihres Weges angekommen laden sie den Unbekannten ein, bei ihnen zu bleiben. Sie öffnen ihr Haus für den Fremden, der sie auf dem kurzen gemeinsamen Wegstück ihr Leben und die alten Überlieferungen aus einem für sie ungewohnten Blickwinkel sehen lehrte. Schließlich gehen ihnen beim Brotbrechen die Augen auf und sie erkennen, dass der Herr trotz allem, was geschehen war, in ihrer Mitte ist.

OFFENHEIT UND AUFRICHTIGKEIT

In dieser Erzählung wird uns beispielhaft vorgestellt, wie Menschen zum Glauben finden; oder genauer gesagt: zu neuer Tiefe des Glaubens finden können. Mit ihren bisherigen Anschauungen über Gott und seine Bedeutung für die Menschen waren sie an einen Punkt gekommen, an dem alles nicht mehr zusammenpasste und alles nicht mehr stimmte. Sie standen in der Versuchung, sich ins Private zurückzuziehen, in eine resignative Weltsicht, in der sie mit Gott und Glauben nicht mehr viel anfangen können. Was sie vor einer endgültigen Abkehr bewahrt, ist ihre Offenheit, sich im Gespräch mit dem Unbekannten auf neue Sichtweisen einzulassen. In ihrer Einladung „Bleib doch bei uns, es wird schon Abend…“ kommt bereits zum Ausdruck, dass sie im Unbekannten das Gegenwärtigsein Gottes erahnen.

Neben der Offenheit der beiden berührt mich an dieser Erzählung auch ihre selbstverständliche Aufrichtigkeit. Die Zwei gestehen sich aufrichtig ihre enttäuschten Hoffnungen und ihre Glaubensnot ein. Aufrichtig teilen sie sich dem Fremden mit. Diese Aufrichtigkeit öffnet sie für Neues. Und dieses Neue wird von Gott bewirkt. Aufrichtig und spontan laden sie den Fremden zu sich ein. Hier geschieht Begegnung. Der Herr ist bei ihnen gegenwärtig, auch wenn sie ihn nicht mehr sehen.

Wenn ich mit Menschen über ihren Glauben ins Gespräch komme, dann stellt sich oft heraus, dass eine kleine oder große Krise sie mit Fragen konfrontiert hat, die sie bis jetzt nicht gestellt haben. Solche Gespräche verlaufen anders als end- und ergebnislose Diskussionen über weltanschauliche Themen. Solange im Leben alles glatt geht, kann der Same des Wortes Gottes in uns nicht Wurzeln schlagen. Er gleitet an uns ab, wie an einer gut versiegelten Oberfläche. Wenn es jedoch im Leben zu Brüchen und Verwerfungen kommt, kann der Same ins Erdreich eindringen und aufgehen. Vorausgesetzt ist die Offenheit für neue Fragestellungen und neue Sichtweisen. Hinzu kommt noch die Gnade, das Geschenk der Begegnung mit einem Menschen, der fähig ist, über seinen Glauben glaubwürdig Auskunft zu geben.

JEDEM REDE UND ANTWORT ZU STEHEN

Viele Seelsorgeverantwortliche denken in den letzten Jahren immer mehr nach, wie in unserer Zeit Menschen den Glauben für sich entdecken könnten. Die Erzählung von den Emmausjüngern kann uns dabei die Richtung weisen. Wir dürfen davon ausgehen und darauf vertrauen, dass jeder Mensch seine ganz persönlichen Erfahrungen mit Gott und seine persönlichen Anschauungen über Gott hat. Mehr Menschen als wir meinen machen sich Gedanken über Gott und führen mit Gott, wie sie ihn sich vorstellen, Zwiegespräche. Früher oder später macht jedoch auch jeder Mensch Erfahrungen, die ihre bisherigen Lebensdeutungen erschüttern und ganz neue Fragen aufwerfen: zerbrochene Beziehungen, Verlust eines geliebten Menschen, berufliches Scheitern, Krankheit… Es ergeht ihnen so wie den beiden Jüngern auf dem Weg nach Emmaus. Wenn sie in diesen Momenten Menschen begegnen, mit denen sie gut reden und mit deren Hilfe sie neue Antworten finden können, kann sich dadurch ihre Gottesbeziehung weiterentwickeln. Nicht selten sehen sie sich dann genötigt, naive und nicht mehr tragfähige Vorstellungen von Gott zurückzulassen.

Der Verfasser des Ersten Petrusbriefes fordert uns auf: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15). Oft erlebe ich Christen in Glaubensgesprächen als unbeholfen und ungeübt. Viel zu lange haben sie sich vor-denken und vor-schreiben lassen, was sie zu glauben haben. Wenn sie von ihrem Glauben reden, sprechen sie oft nicht über das, was sie in ihrem Herzen bewegt, sondern über das, was ihnen ihre Kirche als Glaubenssätze mit auf den Weg gegeben hat. Und das kommt bei ihren Gesprächspartnern oft nicht glaubwürdig an. Hier sehe ich Übungs- und Lernbedarf.

BEGEGNUNG MIT DEM HERRN IM BROTBRECHEN

Ein weiteres Motiv der Emmauserzählung sehe ich als richtungweisend für eine missionarische Kirche. Es ist die Begegnung mit dem Herrn im Brotbrechen. In unseren Gottesdiensten ist der Herr, so sind wir überzeugt, in besonderer Weise gegenwärtig. Können unsere Gottesdienstgäste das auch spüren? Wie überzeugend und glaubwürdig feiern wir unsere Gottesdienste? Ich fürchte, dass diese viel Nebensächliches eher ausstrahlen als das Geheimnis des Glaubens, das wir darin vollziehen.

Was die Menschen der Nachkriegszeit uns vermutlich voraus gehabt haben: Die Erschütterungen, die sie erlebt haben, haben sie im Glauben reifen lassen. Sie waren oft mit Fragen konfrontiert, die den meisten von uns in dieser Härte bisher erspart geblieben sind; Gott sei Dank! Unsere Erfahrungen kommen aus anderen Lebensumständen. Wenn wir jedoch auf das schauen, was um uns und in der Welt vorgeht und uns nicht in eine glatte heile Privatwelt zurückziehen, brechen genug Fragen auf, über die sich ein Austausch lohnte und die uns zu einer Begegnung mit dem Auferstandenen hinführen.

Seneschall Matthias David

Ostergrüße des Ordensmeisters

Liebe Ordensschwestern,Liebe Ordensbrüder,Liebe Freunde und Förderer des Tempelherrenoderns,

Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn allezeit,
den wird er wunderbar erhalten in aller Not und Traurigkeit.
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut, der hat auf keinen Sand gebaut.
Ich wünsche Euch und Euren Familien den Segen des Auferstandenen
und de Frieden unseres allmächtigen Gottes

Frohe Ostern
Non Nobis, Domine, Non Nobis – Sed Nomini Tuo Da Gloriam

mit brüderlichen Grüßen
Obr. Thomas Henning
Ordensmeister

VERSÖHNUNGSPRAXIS KONKRET

Seit heute feiern wir die Gottesdienste vor dem verhüllten Kreuz. Ursprünglich hat man nur prunkvolle Kreuze abgedeckt, um den Blick auf den Leidenden zu lenken.

Dieser Brauch zeigt an, was Fastenzeit will: Mit Blick auf das Leiden Jesu seine Einladung annehmen. Seine Einladung ist die zu Frieden und Ehrlichkeit untereinander. Wer weiß, dass er selbst auf Barmherzigkeit angewiesen ist, sollte sich für jeden freuen, der sie auch erfährt.

Und sein Umgang mit diesem Thema war das Maß der Liebe, das die Passionslieder besingen.

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GOTT HAT UNS SEINEN NAMEN ANVERTRAUT

(Predigtgedanken zum 3. Fastensonntag: LK 13:1-9, Ex 3:1-15, 1Kor 10:1-12)

Die Bilder „Dornbusch“ und „Feigenbaum“ stechen hervor aus den Lesungen dieses Sonntags. In unterschiedlicher Weise sind sie Bilder der Gegenwart Gottes.

WENN BÜSCHE UND BÄUME PREDIGEN

Es ist keine Überraschung! Ein Dornbusch kann brennen – und ein Feigenbaum soll Feigen tragen. Soweit ist auch alles klar. Der Dornbusch ist Wüstengestrüpp, der Feigenbaum eine Nutzpflanze. Der Dornbusch gibt sich mit karger Umgebung zufrieden, der Feigenbaum will umhegt und gepflegt sein.
Eine Überraschung allerdings ist, dass beide heute in der Predigt die Hauptrollen spielen sollen. Blumen in der Kirche finden wir schön, aber Dornbusch und Feigenbaum?

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HARTE VERSUCHUNG

(Predigtgedanken zum 1. Fastensonntag Lk 4:1-13, Dtn 26:4-10, Röm 10:8-13)

ZARTE VERSUCHUNG

Die zarteste Versuchung ist ein Stück – Schokolade. Nein, nicht irgendein Stück – es muss schon die richtige Schokolade sein. Welche? Das darf ich nicht sagen.
Trotzdem gefällt es mir, zart versucht zu werden, wenn ich denn schon versucht werde. Schokolade ist ansonsten auch nicht gefährlich, weder für mich, noch für andere. Bis auf die Kalorien. Die sind aber versteckt und tun nicht weh. Schlimmstenfalls: ein Loch im Gürtel weiter.

Aber wenn wir schon einmal dabei sind: Es gibt Versuchungen, für die ein Loch im Gürtel nicht reicht. Die Spuren hinterlassen, die nicht mehr messbar sind. Die weh tun – und andere in Mitleidenschaft ziehen. Die die ganze Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, verletzen.
Ich denke an das Thema Missbrauch, an traumatische Begegnungen – und an die jungen Menschen, die zu Opfern gemacht wurden, ohne sich wehren zu können oder Gehör gefunden zu haben. Dass es diese Schuld auch anderswo gibt oder gegeben hat, tröstet nicht. Wir müssen von bitteren Versuchungen reden. Auch von der Versuchung, alles in Schweigen zu hüllen.

Die bitterste Versuchung ist, sein und das Leben anderer Menschen zu verspielen. Besonders traurig, weil selbst Nähe und Zuneigung in Untiefen führen können, die der Hölle sehr nahe sind.

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LIEBE IST MEHR ALS EIN GEFÜHL

(Predigtgedanken zum 7. So.i.Jahreskreis / Sexagesimae Lk 6:27-38, 1Sam 26:2-25, 1Kor 15:45-49)                                                                                                                           

Die Forderung Jesu, die Feinde zu lieben, empfinden viele Menschen als Zumutung. Wie und wo hat sie Platz in unserem Leben? Das emotionale Lieben ist nur eine Facette menschlicher Liebe. Die Feindesliebe kann von der Goldenen Regel her rational begründet werden. Das Leitbild der Liebe ist für Jesus die unendliche Barmherzigkeit Gottes. Diese geht noch über die Goldene Regel hinaus.

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GOTTES SELTSAME PERSONALPOLITIK

Predigtgedanken zum 5. So.i.Jkr. / 4. So.v.d. Passion: Lk 5:1-11, Jes 6:1-2a 3-8, 1Kor 15:1-11

In allen drei Lesungen dieses Sonntags geht es um Berufungserzählungen. In ihnen zeigt sich Gottes seltsame Personalpolitik ohne Stellenanzeigen, Jobbörsen oder Auswahlverfahren. Dennoch haben diese Menschen Geschichte geschrieben. Sie begegnen uns in unseren liturgischen Feiern.

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