EIN GROSSES ABSCHIEDSGESCHENK

So ein großes Abschiedsgeschenk! Böse Geister werden weggejagt, Menschen verstehen sich, Schlangen machen keine Angst mehr und Kranke werden unter liebevollen Händen gesund. Ein wenig verwundert reibe ich mir die Augen. Die Überraschung wächst sogar noch: Durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden solche Zeichen geschehen. Sagt Jesus. Was für ein Abschiedsgeschenk!

FASZINIERENDER HIMMEL

Nun weiß ich, dass Glaube eine große Kraft hat. Für mich, für andere. Das geht einem dann auf, wenn die Probe aufs Exempel gemacht wird. Misstrauen gebiert neues Misstrauen, Angst neue Angst, Resignation neue Resignation. Das alles steckt sogar an – wie eine Seuche. Eine ganze Gesellschaft kann infiziert werden. Was dann geschieht, ist einfach beschrieben: Die bösen Geister sitzen an jedem Tisch – Menschen verstehen sich in der eigenen Sprache nicht – Gift wird verspritzt – Gesunde werden krank. Vielleicht braucht man auch nicht mehr als diese vier Beispiele – um sich den Himmel so richtig vorstellen, so richtig in ihn verlieben zu können. Das als Abschiedsgeschenk? Ich kann nur rufen, schreien, flehen: Für mich auch!

Mit dem Himmel verbinden sich ganz viele – und ganz unterschiedliche – Vorstellungen. Schon Kindern erzählen wir, dass der Himmel „da oben“ ist. Wir liegen auf einer Wiese, umgeben von duftenden Blumen. So weit können wir gar nicht schauen! Eine Weite ohnegleichen – und doch: drüben am Horizont berühren sich Himmel und Erde, gehen fast schon ineinander über. Ich könnte glatt hinlaufen. Wenn er dann noch blau ist, der Himmel – wir sind dann fast schon im Paradies. Mit unseren Kindern. Warum eigentlich habe ich schon lange nicht mehr auf einer Wiese gelegen und den Himmel getrunken?

Eine besondere Faszination geht von dem nächtlichen Himmel aus. Wer schon einmal das Glück hatte, durch ein Fernrohr zu schauen, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Sterne, unzählig – geradezu in Straßenformation. Erhaben, gleichmütig, den Jahrtausenden trotzend. Dass der Kosmos lebt und so seine eigene Geschichte hat, sogar ein Vergehen kennt, könnte ich im Lehrbuch nachlesen – aber jetzt schaue ich nur. Wie klein doch meine Welt ist? Sie putzt sich mit künstlichen Lichtern heraus, ist aufdringlich laut und kann doch das Elend nicht verbergen. Dass die Erde ein leuchtender Stern ist, könnte ich von der Venus aus gut sehen – aber warum muss ich erst so weit gehen?

EIN HIMMEL VOLLER GEIGEN

Verliebte aber wissen wohl am meisten vom Himmel. Entschuldigung, ihr Naturwissenschaftler und Hobbyastronomen: für euch ist der Himmel wie ein großes Labor, wie eine Formelsammlung, eine intellektuelle Herausforderung, mit schwarzen Löchern seid ihr glücklich und zufrieden – aber den Verliebten hängt der Himmel voller Geigen. Ich frage mich zwar auch, wie das kommt, weiß auch nicht so genau, was ich sagen soll, aber: so modern die Zeiten geworden sind, Verliebte wissen, dass Gott im Himmel ist – und sie jetzt auch. Die Erdenschwere löst sich förmlich auf, ohne ihren alltäglichen Reiz zu verlieren. Das muss wohl daran liegen, dass der Himmel da hinten – schaut mal nach – auf die Erde fällt.

Dass böse Geister heimatlos werden, Menschen ein gutes Wort zuwächst, das Gift nicht mehr wirkt – und kranke Menschen eine Zukunft haben: das ist das vielleicht schönste Bild vom Himmel.

Die Beispiele, die ich erzählt habe, sind nur Annäherungen, Bilder, Hinweise. Wenn Eltern mit ihren Kindern auf der Wiese den Wolken folgen, der nächtliche Sternenhimmel meine kleine Welt in die Arme nimmt und himmlische Geigen ein Liebeslied anstimmen – dann ahnen wir, wo der Himmel die Erde berührt. Was mit keinem Fernrohr zusehen ist, nicht einmal mit den größten Teleskopen: wenn böse Geister vertrieben werden. Dann wird ein neuer Stern geboren! Im Himmelsatlas aber wird man ihn vergebens finden. Und sein Name ist auch noch nicht ausgemacht. Nur: Menschen wird die Nacht wieder hell, sie werden über ihn reden, nein, sich an ihm freuen. Dann geht die Sonne auf.

HIMMELFAHRT

Heute feiern wir Himmelfahrt. Die Himmelfahrt Jesu. Jesus hat sich von seinen Jüngern verabschiedet. Sie waren zwar nicht lange zusammen, aber immerhin so lange, dass sie von einander auch nicht mehr lassen konnten. Jesus hat seine Jünger geliebt. Sie ihn auch. Zusammen haben sie weite Wege zurückgelegt und Erfahrungen gemacht, in der die Welt auf einmal ganz anders war – und werden konnte.

Die Jünger haben bei Jesus gesehen, wie böse Geister vertrieben werden, das richtige Wort gefunden wird, Gifte nicht mehr wirken – und ausgestoßene Menschen Ehrenplätze bekommen. Oft fielen nicht nur die Jünger von einer Ohnmacht in die nächste. Sie hatten nicht einmal Zeit, Luft zu holen. Dass Jesus gekreuzigt wurde, nahm sie sehr mit. So sehr, dass sie nicht einmal glauben mochten, er sei auferstanden – obwohl er ihnen das zugesagt hat.

Jetzt – erzählt der Evangelist – wurde er in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes. Die Jünger aber zogen aus und predigten überall. Der Herr stand ihnen bei und bekräftigte die Verkündigung durch die Zeichen, die er geschehen ließ.

Tatsächlich: die Menschen, die zum Glauben finden, machen den bösen Geistern die Plätze streitig, lassen sich von Vorurteilen und Missverständnissen nicht beeindrucken, wissen Vergiftungen zu heilen und machen kranke Menschen gesund. Wer fährt denn jetzt eigentlich zum Himmel auf? Jesus? Es ist, als ob wir auffahren. Ein schönes Wort: Auf-fahren! Nichts für Trippelschritte oder Treppensteigen. Der Himmel wird gestürmt!

So ein großes Abschiedsgeschenk! Ein wenig verwundert reibe ich mir die Augen. Die Überraschung wächst sogar noch: Durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden Zeichen geschehen. Sagt Jesus. Ich bin doch auch zum Glauben gekommen. . .

Und der Friede Gottes,
der uns mit dem Himmel beschenkt,
bewahre unsere Herzen und Sinne,
in Christus Jesus,
unserem Herrn.

Amen.

OBr. Matthias David, Ordensgeistlicher