„IN IHM LEBEN WIR, BEWEGEN WIR UNS UND SIND WIR“

(Predigtgedanken zum Dreifaltigkeitssonntag/Trinitatis Joh 3: 16 – 18)

MISSVERSTÄNDNISSE

Alle Versuche, Dreifaltigkeit zu erklären, stoßen an unsere intellektuellen Grenzen, auch wenn es ganze Bibliotheken voll Literatur dazu gibt. Ein nicht ganz ernst gemeinter Spruch dazu: Gott erfand die Theologen und schuf Handwerkszeug für sie, damit er endlich etwas über sich erfahren kann.

Lange Zeit sprachen wir von drei göttlichen Personen. Das brachte den Christen, vor allem seitens des Islam, den Vorwurf ein, selbst ein polytheistisches, also ein Gottesbild der Vielgötterei zu besitzen. Das Wort „Person“ bedeutet heute etwas anderes als zur Zeit Jesu. Unter „Person“ verstehen wir heute jemanden, der eigenständig und in Freiheit denkt und handelt, der über sich selbst bestimmen kann. Dadurch wird der Ausdruck von den „drei göttlichen Personen“ missverstanden. Das war auch der Grund, weshalb das Konzil von Trient (1545-1563) die bildhafte Darstellung des Heiligen Geistes als Person verboten hat.

EIN FEST DER BEZIEHUNGEN

Wir heute ein großes Fest der Beziehungen – DREIFALTIGKEITSSONNTAG. Die Texte am reich gedeckten Tisch des Wortes führen zu diesem Text der Beziehungen hin: „Meine Freude war es, bei den Menschen zu sein“ (Spr 8,31 & Psalm 8,5-6): „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.“ Das Buch Genesis weist darauf hin, dass Gott dem Menschen, also Mann und Frau, göttlichen Atem eingehaucht hat. Luft brauchen wir zum Leben, auch zum Sprechen.

Das lateinische Wort personare bedeutet „durchtönen“, „laut verkünden“. In welchem Geist sprechen und handeln wir? Immer im Sinn des Evangeliums, der Frohen Botschaft?
Im Buch Exodus lesen wir über Mose: Er sagte: Wenn ich deine Gnade gefunden habe, mein Herr, dann ziehe doch mein Herr mit uns. Es ist zwar ein störrisches Volk, doch vergib uns unsere Schuld und Sünde, und lass uns dein Eigentum sein!Diese Lesung verdeutlicht, dass Gott der Spender allen Lebens ist und er mit den Menschen in eine innige Beziehung eintreten will. Wie soll man sich das vorstellen?

ICH LIEBE, DAHER BIN ICH

Cogito ergo sum: Ich denke, also bin ich. Der Verstand allein reicht nicht aus, dieses große Geheimnis der Dreifaltigkeit zu begreifen.
Dubio ergo sum: Ich zweifle, daher bin ich. Auch Zweifel begleiten uns lebenslang, vor allem in dunklen Stunden nach Niederlagen und Schicksalsschlägen. Wird wirklich alles so sein, wie es uns zugesagt ist, eine in Frieden vollendete Welt? Sprechen nicht die täglichen Nachrichten dagegen?
Amo ergo sum: Ich liebe, ich lebe, daher bin ich. „Liebe“ und „Leben“ haben ähnliche Wortwurzeln. Amo ergo sum ist wohl die schönste Formel. In diesen drei Existenzweisen lebt der Mensch.

Der heutige Dreifaltigkeitssonntag zeigt, wozu wir berufen sind: Liebende Beziehung zu schaffen, zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen – ob es auch bei Unsympathischen gelingt, einen Versuch wäre es wert! Die liebende Beziehung entsteht durch einen guten Geist.

Am Beginn und am Ende eines jeden Gottesdienstes rufen wir die Dreifaltigkeit an. Damit wird zum Ausdruck gebracht, was Paulus in der Apostelgeschichte (Apg 17,28)meint: „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“

Gott umgibt uns als „Vater“, als „Sohn“ und als „Heiliger Geist“. Seine Dreifaltigkeit soll unseren Glauben nicht kompliziert machen, sondern zum Erlebnis eines Ereignisses werden. Reden und Erklärungsversuche kommen dadurch an Grenzen: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen.“ (Joh.16,12).

Seneschall Matthias David