Sehen und Glauben
Jesus, Hoffnung vieler
Jesus, ”auferweckt wurde er”, das ist die Osterbotschaft der Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Er wurde gekreuzigt, begraben, er stieg hinab in das Reich des Todes, am dritten Tage ist er auferstanden von den Toten, so sagt das Glaubensbekenntnis. – Ostern, bewegt uns dieses Fest? Berührt uns, dass Jesus auferweckt wurde? Oder feiern wir diesen Tag aus Gewohnheit?
Mir scheint: Wir sollten heute einmal versuchen, uns in die Lage der Jünger Jesu nach seiner Kreuzigung hineinzudenken, um die Bedeutung der Botschaft: Jesus, auferweckt er, für sie und für uns tiefer zu erfassen.
Erinnern wir uns: Die Frauen und Männer erlebten Jesus zunächst als einen Lehrer, der anders war als die Schriftgelehrten. Er redet wie einer der Macht hat, sagten sie. Er stand zu seinem Wort, auch wenn er angegriffen wurde. Sie sahen Jesus auf die Menschen – gleich welchen Standes – zugehen; er war unermüdlich für sie da, so dass die Verwandten sagten: Er ist ja von Sinnen, er nimmt sich nicht einmal Zeit zum Essen (Mk 3:20 f). Sie erlebten die Wunderzeichen Jesu. Er verkündete, das Reich Gottes ist nahe. Er nannte Gott seinen Vater und sagte seinen Jüngern: So sollte ihr beten: Vater unser. Er gab den Armen, den Trauernden und Weinenden, den Verfolgten Hoffnung. Er verteidigte die Ausgestoßenen und Verachteten. In Jesus erlebten die Menschen die Nähe Gottes. Viele sagten: ist er vielleicht der Messias, der kommen soll?
Alle vier Evangelisten berichten vom Einzug in Jerusalem. Lukas schriebt: “Als Jesus schon nahe kam an den Abstieg des Ölberges, begann die ganze Menge der Schüler, sich freuend zu loben Gott mit lauter Stimme wegen der Krafttaten die sie sahen, sagend: gesegnet der Kommende, im Namen des Herrn; im Himmel Frieden und Herrlichkeit in Höhen!”
Jesu Tod: Hoffnungslosigkeit
Dann erleben die Frauen und Männer, die Jesus folgten, ein brutales Ende ihres Meisters, auf den sie alle Hoffnung gesetzt hatten. – Ich meine, wir können uns ein wenig in die Jünger hineindenken. Wir alle haben Menschen gehabt, mit denen wir sehr verbunden waren, die für uns lebensnotwendig waren, auf die wir uns verlassen konnten, auf die wir gebaut haben in Krankheit, Einsamkeit und Verlassenheit. Plötzlich stirbt dieser uns so liebe Mensch. – Das war die Situation dieser Frauen und Männer um Jesus.
Wie sollen sie weiter leben ohne ihn?
Maria von Magdalena scheint besonders vom Tode Jesu getroffen zu sein. Er hatte ihr, einer verachteten Frau, die Würde zurückgegeben. Sie eilt so bald es möglich ist zum Grab. Wir handeln doch ähnlich nach der Beerdigung eines Menschen, den wir sehr lieben.
Sie findet das Grab leer. Es muss für sie ein furchtbarer Schock gewesen sein. Zu der Leere in ihr, die durch den Tod Jesu entstanden war, kam jetzt, dass der Leichnam nicht mehr im Grab lag. So unbegreiflich ist dies für Maria von Magdala, dass sie sich nicht an Worte Jesu erinnern kann, in denen er vom Leben redete.
Sie eilt zu den Aposteln und sagt: “man hat den Herrn weggenommen und wir wissen nicht wohin man ihn gebracht hat.” Petrus und der Jünger, den Jesus liebte, eilen zum Grab. Der Leichnam des Herrn ist nicht dort. – Der Jünger, so schreibt der Evangelist: “Sah und glaubte.”
Er sah und glaubte
Er sah und glaubte. Was will der Evangelist seinen Christen und uns mit diesen Worten sagen? Mir zeigen sie an: Der Jünger ahnte, begann zu verstehen, innerlich zu sehen, dass Jesus lebt. Er wurde auferweckt. Er kann nicht im Grab sein. Er sucht ihn am falschen Platz. Dies sagen die anderen Evangelisten sehr klar.
Markus schreibt: “Ein junger Mann sagte zu den Frauen” – die Jesus salben wollten – “Erschreckt nicht! Jesus sucht ihr, den Nazaräer, der Gekreuzigte, auferweckt wurde er, er ist nicht hier” (Mk 16:6). Fast wortgleich sagt es Matthäus.
Bei Lukas lesen wir: “zwei Männer traten zu den Frauen; Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Nicht hier ist er, sondern auferweckt wurde er” (Lk 24:5 f.). So unterschiedlich die Evangelisten über die Erscheinungen Jesu schreiben, diese erste Aussage ist bei Matthäus, Markus und Lukas gleich. Sie ist die wesentliche für die Jünger und für uns: “Auferweckt wurde er!”
Er sah und glaubte. Jesus war ganz von Gott erfüllt. Er wollte allezeit tun, was er als Gottes Willen erkannt hat. Er ließ sich durch nichts und niemand von Gott trennen, auch nicht durch den Tod. Wer so ausgerichtet ist auf Gott hin und so verbunden mit ihm, der lebt mit ihm, und Gott in ihm.
Jesus hat das Reich Gottes angekündigt. Gott hat ihn auferweckt von den Toten.
Gottes Reich ist gekommen, das ist das Zeichen dafür. Vielleicht verstand der Jünger plötzlich Worte der Bibel neu. In dem sogenannten Achtzehnergebet sprechen die Juden: “Gepriesen seist du, Jahwe, der die Toten lebendig macht.”
Er sah und glaubte: Es ist nicht das Sehen mit den Augen. Es ist das Sehen in einem Menschen, der über Jesus lange nachgedacht hat und seine Worte nach allen Seiten hin betrachtet: der deshalb ergriffen, ja überzeugt ist von Jesus und versucht, sich nach Jesus auszurichten. Er erlebt in diesem geistigen Sehen die Nähe Jesu und zugleich wird ihm ein wenig das Geheimnis Jesus, des Christus, aufgehen. Er sah und glaubte.
Ordensbruder Matthias David, Ordensgeistlicher