Palmsonntag

GOTT STEHT AUF DER SEITE DERER, DIE LEIDEN

In der Leidensgeschichte Jesu wird uns sein Leidensweg vor Augen gestellt, sein körperliches wie auch sein seelisches Leiden. In Jesus stellt sich Gott auf die Seite aller Leidenden. Angesichts der Passion Jesu stellt sich einem jeden von uns die Frage: Wo stehe ich?

LEIDENDE MENSCHHEIT

Wenn ich die Bilder von den schrecklichen Kriegen sehe, wenn ich das Leiden der vielen Menschen in diesen Ländern sehe, gerade der Kinder, dann frage ich mich: Wann hat dieses Leiden ein Ende? Wann können diese Menschen wieder ganz normal leben? Wann können die Kinder wieder unbeschwert spielen, unbeschwert zur Schule gehen? Es macht wütend und traurig, dass Millionen von Menschen Opfern von Machtspielen, Opfer von Gewalt und Hass werden. Oft sind es die Unschuldigsten, die am meisten leiden. Leid, Krieg, Gewalt und auch Terror, das alles bringt doch nur neuen Hass hervor.

SEELISCHES LEID

Heute am Palmsonntag wird uns das Leiden von Jesus erzählt. Nachdem ihm zu Beginn der Woche Menschen noch zugejubelt hatten, auch dann, wenn es nicht mit dem Empfang eines großen Königs zu vergleichen war, steht nun sein Gang in den Tod, sein schreckliches und grausames Leiden vor ihm. Da ist sicher zuerst sein körperliches Leiden. vor allem aber müssen wir sein seelisches Leiden sehen. Denn was kann zum Beispiel schlimmer und schmerzlicher sein, als von jemandem verraten zu werden, der lange Zeit einen begleitet hat. Was kann schmerzhafter sein als von engsten Freunden verleugnet zu werden? Was kann bitterer sein, wenn die engsten Freunde in der schwersten Stunde einschlafen, zu schwach sind, ihm beizustehen. Dann die Tragik, deswegen verurteilt zu werden, weil ein sonst mächtiger Mann wie Pilatus, ausgerechnet in dieser Situation zu schwach ist, seine Macht zu zeigen. Eigentlich findet dieser Römer keinen Grund, Jesus zu verurteilen. Doch er lässt sich beeinflussen von der Stimme des Mobs.

KÖRPERLICHES LEIDEN

Doch auch die körperlichen Leiden wiegen schwer. Ich erinnere mich noch an den Film von Mel Gibson. Hier wurde die Passion Christi gezeigt. Während des Filmes war es im Kino mucksmäuschenstill. So brutal wurde das körperliche Leiden gezeigt. Und bei dem ganzen Leiden stellt sich die Frage: Welchen Sinn hat dieses Leiden? Jesus musste das schlimme und grausame Leiden auf sich nehmen, weil er Hass und Neid erfahren hat. Die Menschen – gerade die religiösen Führer – haben seinen Weg nicht verstanden, weil sie vor allem Gott nicht verstanden haben. Viel Hass und Gewalt wird auch heute noch religiös motiviert und begründet. Die Hohenpriester beseitigen Jesus, weil er sie mit seinem Leben und seinen Worten in Frage stellt.

WO STEHE ICH IN DIESER GESCHICHTE?

Jesus hat das Leiden auf sich genommen. Wenn wir die Geschichte seines Leidens hören, dann müssen wir uns fragen: Wo zeige ich Verhaltensweisen, wie die eines Judas, wie die eines Petrus? Wo fliehe ich, wenn es um des Glaubens willen brenzlig wird? Wo treffe ich ein Urteil aus Feigheit oder nur um meiner Position willen. Jede Person in der Geschichte ist auch eine Anfrage an mich persönlich?

Ich frage mich: Wie kann ein Mensch derartiges Leiden aushalten. Eine Erklärung finde ich bei Jesaja in der Lesung. Jesaja, der wie Jesus viel Leid ertragen musste, spürte: „Gott, der Herr, wird mir helfen!“ Jesus spürte auch, dass Gott ihm half. Er wandte sich an Gott mit den Worten: „Abba, wenn es dir möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorübergehen! Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst, soll geschehen!“

Es ist keine endgültige Erklärung über den Sinn von Leid in der Welt. Eines aber zeigt die Passion, zeigen die Erzählungen vom Leiden Jesu ganz klar: Gott seht auf die Seite derer, die leiden. Gott ist kein ferner Gott, sondern einer, an dem ich mich, an dem sich Menschen im tiefstem Leid wenden können. Lassen wir uns betroffen machen. Vor allem vom Leid der Menschen, die nicht wissen, wie lange ihr Schicksal noch dauern wird, die noch keine Zukunft sehen können, die kein Licht am Ende des Tunnels sehen, sondern allenfalls nur hoffen können auf ein Ende ihrer Leiden, und hoffen, dass sie nicht alleine sind.

Ordensgeistlicher Matthias David