DIE JÜNGER ALS BEISPIEL CHRISTLICHEN LEBENS

Predigtgedanken zu den Texten des 16. Sonntags im Jahreskreis

Das Evangelium will nicht nur erzählen, was Jesus gelehrt und was er getan hat. Es erzählt auch immer wieder, wie die Jünger gehandelt haben und was Jesus von ihnen verlangt hat.
Die Jünger aber stehen stellvertretend für die Christen jeder Zeit: Sie sind es, die als erste versucht haben, nach Jesu Wort und Beispiel zu leben – und daher sind die Jüngerunterweisungen, wie im heutigen Evangelium, immer auch Unterweisungen für unser Christsein heute.
Im heutigen Evangelium bringt uns der Evangelist Markus in drei Schritten eine solche Unterweisung ins Jünger-Sein.

JESUS SENDET APOSTEL AUS, ZU VERKÜNDEN & ZU HEILEN.

Dem heutigen Abschnitt des Evangeliums geht die Aussendung der 12 Jünger voraus. In der Vollmacht Jesu waren sie gesandt, die unreinen Geister auszutreiben. Das heißt, dass Jesus ihnen die Unterscheidung der Geister mitgab – nämlich zu erkennen, was zu Gott hinführt und was von ihm wegführt. Und er gab ihnen die Macht, Menschen von ihren Sünden zu heilen und von Dämonen zu befreien. Und bewusst sollten sie dazu nichts mitnehmen außer einem Wanderstab, um zu zeigen: Was sie tun, ist Gabe Gottes; sie handeln nicht aus eigener Kraft, sondern im Auftrag Jesu.

Jüngersein und heute Christsein heißt somit: einen Auftrag haben; ausgesandt sein, von Gott zu reden; aufmerksam zu sein, wenn Menschen leiden, belastet sind; und zu unterscheiden, aus welchem Geist heraus Menschen handeln: aus dem Geist der Weisheit, der Einsicht, der Erkenntnis heraus – oder aus dem Geist, der unfrei macht, knechtet und unterdrückt.

Dazu bedarf es keines Theologiestudiums; dazu bedarf es keiner großartigen Fähigkeiten – denn auch die Jünger waren gesandt nur mit dem Wort Jesu im Ohr und seinem Beispiel vor Augen. Denn eine Umkehr der Menschen zu Gott kann nur Gott selbst bewirken; wir sind sein Werkzeug dazu, aber wir können es nicht selbst schaffen.

DIE ZWEITE BEWEGUNG IST DIE RÜCKKEHR DER APOSTEL.

Nach ihrer Wanderung kehren die Apostel zurück – und sie berichten, was sie gelehrt und getan haben.

Jesus ist also der Bezugspunkt ihres Wirkens. Von ihm gehen sie aus – zu ihm kehren sie zurück. Auch dies ist ein Vorbild für uns heute, denn wir alle haben unseren Ausgangspunkt bei Christus: in der Taufe, in der Firmung (o. Konfirmation), in der Begegnung mit Christus im Gebet. Und wir alle sind gesandt, von ihm Zeugnis zu geben, unser Leben nach ihm auszurichten. Aber für uns alle gilt auch: Es ist wichtig, dass wir immer wieder zu Jesus zurückkehren, um bei ihm neu aufzutanken und um zu schauen, ob unser Weg richtig ist.

Das Evangelium sagt dies mit dem Bild des Hirten und seiner Herde. Wir alle sind diese Herde, jeder einzelne von uns. Wenn wir uns nicht immer wieder an ihm ausrichten, werden wir in unseren Einzelmeinungen verloren gehen. Gerade im Glauben ist dies so wichtig: Ich kann mir meinen eigenen Glauben stricken, wie er mir passt – aber dann bin ich letztlich ohne Hirten unterwegs. Indem wir unser Leben am Hirten Jesus ausrichten, werden wir nicht unfrei oder abhängig; wir geben unsere Lebensführung ja nicht ab – aber wir haben gewissermaßen einen Kompass, an dem wir uns ausrichten können. Den Weg, unseren Lebensweg, müssen wir immer noch selbst gehen – aber mit einer Gewissheit, nicht in die Irre zu gehen.

DIE BEDEUTUNG DES EINSAMEN ORTES

Ein drittes Element ist für Jesus und seine Apostel noch wichtig. Jesus sagt zu ihnen:„Kommt mit an einen einsamen Ort und ruht ein wenig aus.“ Dazu eine kleine Legende:

Der Apostel Johannes spielte gerne mit einem zahmen Rebhuhn. Ein Jäger, der ihn besuchte, konnte nicht verstehen, dass ein Mann seiner Qualität dafür Zeit vergeude. „Warum vertust du deine Zeit durch nutzlose Spielereien mit einem Tier?“ fragte er den Apostel. Johannes war darüber verwundert: „Warum ist dein Bogen in der Hand nicht gespannt?“ – „Weil er seine Spannkraft verlieren würde, wenn er immer gespannt wäre. Wenn ich dann einen Pfeil abschießen möchte, hätte er keine Kraft mehr“, war die Antwort. Und die Schlussfolgerung des Apostels: „Siehst du, so geht es mir auch. Wenn ich mich nicht von Zeit zu Zeit entspanne und einfach spiele, habe ich keine Kraft mehr, das zu tun, was notwendig ist und den ganzen Einsatz meiner Kräfte fordert.“

Als Mensch brauche ich diese Momente der Ruhe. Ich brauche „Oasen“, wo ich ausruhen kann, um zu mir selber kommen zu können. Bei aller Notwendigkeit, uns anzustrengen (im Beruf, in Beziehungen, auch im Glauben und in der Verkündigung): Wir können nicht immer angespannt sein, dann würden wir unsere Spannkraft verlieren. Wir brauchen den Rhythmus von Arbeit und Entspannung, von Einsatz und Ruhe.

Für uns Christen bedeutet dies: Wir haben diesen Rhythmus sogar vorgegeben im Wechsel von Werktagen und Sonntag, von Arbeitstagen und Ruhetagen. Der Sonntag stellt gewissermaßen die Lunge dar, die uns atmen lässt; die Entspannungszeit, in der wir durchatmen können und uns besinnen können auf das Wesentliche.
Und auch die Urlaubszeit ist eine solche Zeit im Jahr, in der wir auftanken sollen; wo wir entspannen können, um neue Spannkraft zu erhalten. Ich glaube, dass der, der sich überhaupt nicht entspannen kann, der sich nicht auch einmal freinimmt, in Gefahr ist, wie ein immer gespannter Bogen leicht spröde zu werden und im Umgang ungenießbar!

Damit aber ist dieses Evangelium eine gute Zusammenfassung für ein christliches Leben in der Nachfolge Jesu und seiner Apostel – und es ist in diesem Sinne keines, das mir Lasten auflegt, sondern das mich entlasten kann:
Denn christliches Leben wird hier nicht als Hochleistungssport gesehen, als Aneinanderreihung von Höchstleistungen – sondern als eine gesunde Balance zwischen Geben und Empfangen, zwischen Einsatz und Ruhe, zwischen Hinausgehen und Heimkehren, zwischen Aus-Sich-Herausgehen und In-sich-Ruhen.

Ordensgeistlicher Matthias David