EIN FEST DER ZUMUTUNG

Unser liturgischer Festkalender teilt den Osterfestkreis in „kleinere Portionen“, um wenigstens ansatzweise das österliche Geheimnis zu begreifen. Im Neuen Testament bei Johannes geschieht eigentlich alles auf einmal: Tod, Auferstehung, Himmelfahrt und Pfingsten. Bei Lukas in der Apostelgeschichte liegen fünfzig Tage (pentekosté heméra) dazwischen. So wird Pfingsten zur Geburtsstunde der Urkirche in Jerusalem. Da zeigt sich der Heilige Geist als „Seele der Kirche“. Die Lesungen aus der Apostelgeschichte führen uns in diesen sieben Sonntagen nach dem Ostersonntag in das Leben der Urgemeinde ein, die ja auch einen Sendungsauftrag bekommen hat zu den Menschen mit der „Frohen Botschaft“ hinauszugehen.

Pfingsten ist das große „Fest der Zumutung“ unter dem Motto: „Ich sage dir: Steh‘ auf und geh!“ Diese Worte hat bereits Abraham zu hören bekommen: „Zieh fort aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde.“(Gen.12,1-2). Das ist wohl eine recht große Zumutung, die aber mit einem Segensspruch verbunden ist: „Ich werde dich segnen und deinen Namen groß machen.“ (Gen.12,4).

Aber auch dem Paulus wird viel zugemutet, sodass er sogar stürzt:„Er stürzte (nahe Damaskus) zu Boden und hörte wie eine Stimme zu ihm sagte: Saul, Saul, warum verfolgst du mich?…..Steh‘ auf und geh in die Stadt, dort wird dir gesagt werden, was du tun sollst.“ (Apg.9,4.6).

Im Mk.- Evangelium befiehlt Jesus dem Gelähmten, den man wegen der vielen Menschen durchs Dach transportiert hatte: „Ich sage dir: Steh‘ auf, nimm deine Tragbahre, und geh‘ umher!“ (Mk.2,11)

TRAU DIR ZU!

Gal. 5,16 würde frei übersetzt lauten: Wandelt im Geist der Liebe! Somit sind all diese Weggeschichten auch Berufungsgeschichten. Diese sind auch an uns gerichtet. Sie sind auch „Auferstehungsgeschichten“, verbunden mit einer Zumutung. Das Wort „Mut“ ist darin enthalten: Trau‘ dich! Trau dir zu, den Anfang zu wagen, auch wenn es Startschwierigkeiten gibt! Erhebe dich und halte durch, auch wenn es mühsam wird! Mut zum Bekenntnis und kein Leugnen! „Ich sage dir, Petrus, ehe heute der Hahn kräht, wirst du dreimal leugnen, mich zu kennen.“(Lk. 22,34). Somit keine Spur von Durchhalten, vielmehr liegen bleiben, sich verstecken, kein Bekenntnis, umfallen.

Gibt es nicht auch heute reihenweise „Umfaller“, nicht nur in der Politik, wo es oft an Handschlagqualität fehlt? „Umfaller“ auch bei Glaube, Orden und Kirche, sofortige Distanz, wenn man seine Meinung nicht halten kann, wegen persönlicher Nachteile oder Blamage vor Andersdenkenden, Angst vor Getuschel oder der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden. Wer sich einsetzt, setzt sich aus. Das bringt große Unsicherheiten. Darunter haben Abraham, Petrus, Paulus und viele andere gelitten. Auch der Gelähmte mit seiner ganz besonderen Biographie weiß nicht, wohin ihn seine Wege führen werden.

Die Urkirche in Jerusalem hatte große Startschwierigkeiten im Inneren mit sozialen Aufgaben, etwa der Versorgung der Witwen, Schwierigkeiten auch damit, dass manche Ideale zu hoch angesetzt waren. Nach außen hin gab es Schwierigkeiten mit den politischen und Religionsbehörden, viele Verhöre, Drohungen, sogar die Steinigung des Stephanus, weil dieser die vielen Gebote und Verbote kritisiert hatte, die es galt einzuhalten und die persönliche Beziehung zu Jahwe hinderte. Schließlich hatten auch die Jünger noch Angst vor dem Scheitern, sie meinten ja mit dem Kreuzestod des Herrn sei alles vorbei.

GESPRÄCH AUF AUGENHÖHE

Wir sind heute auch in der Kirche zu einer Konfliktgesellschaft geworden. Umso mehr bedarf es einer sprachbegabten Kirche, die auch im Konfliktmanagement geschult ist und auch von der Gesellschaft lernen will.

Es braucht gerade in dieser Zeit eine Kirche der guten Traditionen, die ihre wertvollen Schätze anbietet, nicht mit erhobenem Zeigefinger oder gar Drohpotential, sondern im Gespräch auf Augenhöhe, in Zeichen der Hoffnung mit Zukunftsperspektiven und nicht in nostalgischer Wehmut. Wir leben heute in einem Umbruch von der Volkskirche/Staatskirche in eine Entscheidungskirche. Mit Hilfe des Heiligen Geistes versuchen wir den Weg zu einer entschiedenen Volkskirche zu gehen.

Gerade jetzt gilt: Alles wegen der Kirche, alles für die Kirche und alles trotz der Kirche an Verkündigung in Wort und Tat zu erbringen.

Amen.

Ordensgeistlicher Matthias David