Sommergrüße der Komturei Johanna von Orléans

Liebe Ordensschwestern, liebe Ordensbrüder, liebe Postulanten, liebe Postulantinnen, liebe Freunde und Förderer unseres Ordens, liebe Ordensgeschwister,

ein Leben unter der Maske ist uns auferlegt dort, wo viele Menschen zusammenkommen  – ob in Bahnhöfen, Geschäften oder Straßenbahnen – überall sind die Gesichter verhüllt. Und völlig verschwunden ist das Lächeln, das sonst überall den Alltag beschwingt. Unser ganzes Gesicht steht unter Generalverdacht der Ansteckung. Die Freude des Lächelns, Beginn jeder Kommunikation, wird damit erstickt. Aber überall, unter freiem Himmel ohne Maske, bei Spaziergängen in Parks und auf Wanderwegen, gibt es auch wieder Grüßen und Lächeln. Distanz hält gesund, Nähe kann krank machen – also nun Abstand halten – am besten 1,5 bis 2 Meter.

Das alles bringt mein soziales, seelisches Gleichgewicht in Unordnung, ist für mich aber leicht erträglich, da das Allgemeinwohl an erster Stelle steht. Für manche ist die Isolation aber gefährlicher und schädlicher als die Infektion. Schon Andreas Gryphius hat vor 400 Jahren angesichts von Pestinfektion, Kriegsverwüstungen und Hunger festgestellt, daß die Zerstörung der Seele schlimmer ist als der Tod. Er schreibt in seinem Gedicht „Tränen des Vaterlandes: “Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod, was grimmer denn die Pest und Glut und Hungersnot: Daß auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen.“

Wer meint, „social distancing“ sei eine moderne, durch Corona gestiftete gesellschaftliche Einrichtung, täuscht sich gewaltig. Vielmehr sind Phänomene gesellschaftlicher Trennung uralte Bestandteile der Sozialgeschichte, auch der bayerischen!

„Vom Affenstall zum Heiliggeistloch“ von Bezirksheimatpfleger Dr. Norbert Göttler

Entgegen der Lyrik der Fremdenverkehrs- und Gastronomieverbände war zum Beispiel das bayerische Wirtshaus nur selten ein Hort von Integration und Gemeinsinn. Man ging nicht in ein Wirtshaus, auf das man gerade Lust hatte, sondern in eines, das einem schichtenspezifisch zustand. Die Honoratioren in die Tafern- und Brauereigasthäuser, die Bauern in die Bauernwirtshäuser und die Arbeiter in die Arbeiterkneipen. Für Knechte und Mägde, Künstler und andere Underdogs blieben zwielichtige Stopselwirtschaften, Gassenschänken und Branntweinstuben. Auch im nur scheinbar egalitären Biergarten oder Volksfest war es undenkbar, daß sich der Knecht mir nichts, dir nichts an den Tisch seines Großbauern gesetzt hätte, um mit ihm Brüderschaft zu trinken. Augenscheinlichstes Symbol der sozialen Trennung war der sogenannte Affenstall, ein durch Latten abgegrenztes Geviert in der Wirtsstube, in das nur Pfarrer, Bürgermeister und Großbauern Zutritt hatten, um darin ihren allabendlichen Tarock oder Schafkopf zu spielen, Der „Affenstall“ war eine Notlösung in Orten mit nur einem Wirtshaus. Dieser Verschlag hatte aber auch seine Vorteile: Die Honoratioren waren zwar unter sich, konnten aber doch mit einem Ohr lauschen, welch aufrührerische oder ketzerische Reden die Untertanen führten. Selbstredend, daß sich der Begriff „Affenstall“ eher in den Reihen der Subalternen der Beliebtheit erfreute, selber bevorzugten die Honoratioren Begriffe wie „Salettl“ oder „Haimlichkeit“!

Was den Honoratioren des Dorfes Recht war, war dem Landadel billig. Das Bekenntnis zu christlicher Brüderlichkeit führte keineswegs so weit, sich am Sonntagsgottesdienst unter das gemeine Volk zu mischen. Da zwängte man sich lieber eine enge Wendeltreppe hinauf in die Gebetsnische, die allein für den Hofmarksherren und seine Familie reserviert war. Dort war man nicht nur dem Bauernvolk und seinen Stallgerüchen fern, sondern dem eucharistischen Geschehen in der Apsis nahe. Mehr noch, das Heiliggeistloch über dem Haupt ließ erhoffen, einer kleinen Portion geistlicher Inspiration direkt vom Sender, also ohne Umweg priesterlicher Verballhornung, teilhaftig werden zu dürfen. Und daß man dem neuen, vielleicht herzjesuroten Kaplan von oben her ein wenig in sein Predigtmanuskript schauen konnte, mochte ja auch nicht schaden.

Ob also Affenstall oder Heiliggeistloch: „Social distancing“ erfreute sich immer schon einer gewissen Beliebtheit, wenn es darum ging, Abstand zu schaffen. Da sind die heutigen Einmeterfünfzig ja geradezu sozialistisch gering!

Kaum noch bekannt ist heute der „Wettersegen“, ein monstranz- oder scheibenförmiger Behälter, der früher in den Bauernhäusern an der Wand hing. Er war seit der Barockzeit sehr beliebt und sollte mit vielen winzigen Gegenständen günstige Witterung bewirken und Unwetter abwehren. Um ein kleines Osterlamm wurden Amulette, Mitbringsel von Wallfahrten, Heiligenattribute, Naturstoffe wie Buchs, Lebensbaum, Palmkätzchen, Wacholderbeeren, Steine und diverse Früchte gruppiert. Auf der Rückseite des Wettersegens standen kurze Sprüche gegen alles Unheil.

In der Kirche wird der Wettersegen in der Zeit zwischen dem Fest des Evangelisten Markus (25. April) und dem Fest Kreuzerhöhung (14. September), und zwar an Stelle des Schlußsegens der sonntäglichen Eucharistiefeier erteilt.

Viele von uns sehen, daß das Leben in der Welt insgesamt in die Krise geraten ist. Corona, nachteilige Umweltveränderungen, Arbeitswelt, Schule, Familie und auch das religiöse Glaubensleben. Ganz elementar wird uns unsere Abhängig- und Hilflosigkeit vor Augen geführt. In solchen Zeiten fingen Menschen immer wieder an, ihre Verbundenheit mit Gott zu suchen und mit ihren Nöten sich an ihn zu wenden. So entstand auch die Tradition des Wettersegens.

In dem anschließenden Segensgebet geht es zunächst um gedeihliches Wetter für Mensch und Natur damit die lebensnotwendigen Gaben der Natur heranreifen können. Wir können es aber auch in einem erweiterten Sinn beten, für eine allgemein günstige „Wetterlage“ dieser besonderen Krisenzeit, damit wir all das, was Lebensnotwendig ist gedeihen kann und bleibt.

Wettersegen

Gott der allmächtige Vater,
segne uns und schenke gedeihliches Wetter;
er halte Blitz, Hagel und jedes Unheil von uns fern.
Er segne die Felder, die Gärten und den Wald und schenke uns die Früchte der Erde.
Er begleite unsere Arbeit, damit wir in Dankbarkeit und Freude gebrauchen,
was durch die Kräfte der Natur und die Mühe der Menschen gewachsen ist.
Das gewähre uns der dreieinige Gott,
der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.

Amen.  

Komtur Klaus Kunerl, Komturei Johanna von Orléans