(Predigtgedanken zum 19. So. i. Jkr. / 11. So, n. Trinitatis, Joh 6:41 – 51, 1 Kön 19:1 – 13, Eph 4:30 – 5:2)
Elija ist in jeder Hinsicht am Ende, nicht zuletzt als Eiferer für Gott. Gott lässt ihn nicht fallen. Vierzig Tage wird er in der Wüste herumirren, bis er Gott neu findet. Ein Bild für den Menschen, der mehr braucht als Brot und Wasser. Brot vom Himmel stärkt ihn. Auch wir brauchen das Brot vom Himmel, in dem sich Jesus uns anbietet.
HIMMEL IN DER WÜSTE
Hat Elija lebendiges Brot gegessen? Brot vom Himmel? So ungewöhnlich die Frage, so entschieden die Antwort: natürlich. Es ist doch ein Engel, der Elija unter dem Ginster findet. Es ist doch ein Engel, der ihn wachrüttelt. Es ist doch ein Engel, der ihm Brot und Wasser hinstellt, himmlisch kredenzt!
Ein paar Schritte müssen wir zurückgehen. Elija, ein Prophet, ein unerbittlicher dazu, muss fliehen. Um sein Leben fürchten. Elija hat sich nicht nur mit der Königin angelegt und sich weit, viel zu weit aus dem Fenster gelehnt. Er hat, was schlimm genug ist und sich nur mit Ekel erzählen lässt, gegnerische Priester nach einem sog. Gottesurteil umgebracht. Eine dreistellige Zahl. Angeblich sogar mit eigener Hand. Der Prophet als Wüterich, als Gotteskrieger. Solche Figuren tauchen im Abendprogramm auf. Sie schreiben Bekennerbriefe und schmücken sich mit abgeschlagenen Köpfen. Und Elija soll einer von ihnen gewesen sein? Die frommen Nackenhaare sträuben sich. Vorsichtshalber will ich gleich mal nachschauen. Womöglich new facts, alternative facts, alternative Fakten?
In der Bibel wird das Bild Elijas nicht retuschiert. Seine Geschichte wird erzählt. Auch als Gewaltgeschichte. Nur, wenn über Gewalt geredet wird, kann sie sich nicht mehr verstecken oder versteckt werden. Für Gewalt gibt es keine Schonzeit. In unseren heiligsten Überlieferungen werden wir in Abgründe gestoßen, die sich wie ein dunkles Loch vor uns auftun. Im Namen Gottes, im Namen der Wahrheit, im Namen der Gerechtigkeit werden immer noch Morde, Hass und Gewalt gerechtfertigt. Kein Wunder, dass so mancher Krieg heiliggesprochen wird. Und der Lohn im Himmel schon verteilt wird.
Jetzt aber sehen wir Elija in der Wüste. Nach einem Tag schon ist er am Ende. Es gibt kein Zurück, es gibt nicht einmal ein Ziel. Elija will sterben. Dem großen Redner fehlen die Worte, dem Draufgänger der Mut, dem Gotteskrieger fehlt Gott.
GOTT KENNENLERNEN
Ich kann schon einmal kurz verraten, wie die Geschichte ausgehen wird. Elija muss in der Wüste Gott kennenlernen. In der Wüste! Als einen, der sich nicht mit den Attributen der Macht schmückt, sondern ganz still vorangeht. Man muss ihm, man kann ihm folgen. Aber mehr als seinen Rücken wird kein Mensch je sehen. Aber eine große Stille ist um ihn her, dem Säuseln eines Windhauches vergleichbar. Wenn die Hitze des Tages vergangen und die Sonne am Horizont untergegangen ist. Der Trotz ist weg. Die Angst ist weg. Der Hass ist weg.
Elija ist in einer tiefen Depression. Er glaubte, mit großen Gesten, großen Worten, letztlich sogar mit dem Schwert, für Gott kämpfen zu müssen. Alles Böse müsse ausgerottet werden. Es könne auch nur eine Wahrheit geben. Und klar doch, nur ein Gott. Unser! Elija weiß, was Wahrheit ist – die Menschen aber sind in seinen Augen nur noch gottlos und verworfen. Die Königin – dann auch noch aus einem fremden Land, in dem ohnehin nur die falschen Götter regieren – muss in die Schranken gewiesen werden. Es reicht auch nicht mehr, nur zu reden. Elija ist der Predigten müde. Elija will eine Eindeutigkeit herbeiführen, die ein für allemal klarstellt, wer Herr im Haus ist. Dabei benutzt er, Entschuldigung, auch Gott. Seinen Gott. Elija ist sich sogar sicher, ihn richtig zu verstehen, ihn gehört zu haben.
Elija liegt unter dem Ginster. Ein Häufchen Elend? Am Ende mit dem Latein? Was durch seinen Kopf geht, wissen wir nicht. Es erzählt uns auch keiner. Aber ein Engel nähert sich ihm. Schubst ihn an. Iss, trink! Du hast einen weiten Weg vor dir. Dieser Weg ist nicht nur in der Wüste auszumessen, im Sand, im Geröll nachzuzeichnen. Es ist der lange und beschwerliche Weg, den Elija gehen muss, um Gott, um sich kennenzulernen. Oder sagen wir gleich: Um Gott, um sich zu finden! 40 Tage und 40 Nächte wird Elija gehen (müssen), weit ab von der vertrauten, eingehegten und geordneten Welt. 40 Tage und 40 Nächte braucht Elija, noch einmal neu anzufangen. Der Prophet wird aus dem Verkehr gezogen, um Prophet zu werden. Eine spannende Entdeckungsreise! Aber heute freuen wir uns an dem Engel. Brot stellt er ihm hin. Und den Krug mit Wasser. Mehr braucht Elija nicht. Es ist die eiserne Ration, himmlisch kredenzt.
Hat Elija lebendiges Brot gegessen? Brot vom Himmel?
BROT, DAS VOM HIMMEL HERABKOMMT
Zugegeben, im 1. Buch der Könige, in der Geschichte von Elija, wird weder von lebendigem Brot noch vom Brot aus dem Himmel erzählt. Aber so ein Glücksfall! Die, die einmal die Lesungen für diesen Sonntag zusammenstellten, hatten genau den richtigen Riecher. Wenn eine Geschichte aus dem Evangelium passt, dann die von dem Brot, das vom Himmel herabkommt.
Schon in den letzten Wochen haben wir das Evangelium nach Johannes gelesen. Ein Kapitel! Das sechste.
Wissen Sie noch, wie alles angefangen hat? 5000 Männer (plus Frauen und Kinder), ein Junge, 5 Brote und 2 Fische, am Ende 12 Körbe mit Resten. Ein Brotwunder, ja, mehr noch das Wunder vom Teilen. Wer teilt, vermehrt sogar noch die Fülle! Nichts nimmt ab, nichts wird weniger. Alle werden satt. Der Evangelist hat eine Spur fein gelegt: Wir alle haben Hunger nach Leben. Nach Liebe. Überraschend vielleicht: nach Gott! Der kleine Junge, Vertreter sozusagen der Zukunft, gibt von dem Wenigen ab und wird Zeuge von Gottes Reich. Das Reich Gottes wird nämlich beschrieben als der Ort, an dem alle Menschen glücklich sind, keiner Mangel leidet, keiner durch irgendeinen Rost fällt. Darum wird ein Brotwunder erzählt, doch alle hören gelungenes Leben heraus, Liebe, die alles vollendet, Zukunft, die nicht mehr von Vergangenheit eingesperrt wird. Brot ist der Inbegriff, satt zu werden, nicht mehr kämpfen zu müssen, niemandem etwas weg zu nehmen.
JESUS SELBST IST DAS BROT VOM HIMMEL
Für Jesus ist das Brot dann noch viel mehr: Er versteht sich als das Brot, das vom Himmel herabkommt und uns allen Leben schenkt. Erzählen wir von ihm, erzählen wir von seinen Worten, von dem, was er tut. Und dann erzählen wir, an seinem Tisch, von der letzten Nacht, in der er verraten wurde, das Brot nahm, dankte und es brach: Das geteilte Brot bezeugt uns auch heute, dass Jesus mit uns sein Leben teilt, seine Liebe, sein Reich. Nein, wir können nicht nur Brot sehen, wenn uns die Hostie in die Hand oder auf die Zunge gelegt wird, wir sehen ihn! Wir danken ihm! Wir freuen uns an ihm. Jesus, das Brot, das vom Himmel herabkommt.
Die Menschen sind zunächst wie vor den Kopf gestoßen. Sie hören, aber sie verstehen nicht. Kennen wir nicht seine Eltern, seine Heimat, seine ersten Schritte? Einer von uns! Das steht dahinter. Das steht davor. Dass aber einer von uns Brot ist, das vom Himmel herabkommt, ist für den Evangelisten so ziemlich das Größte, was er überhaupt erzählen kann. Wir sehen darin den offenen Himmel, Gott selbst. Was das für ein Bild ist? Brot! Lebendig wie Gott. Lebendig wie die Liebe. Ein Lied müsste ich jetzt schreiben. Und singen.
Für viele Menschen ist das Leben hart und beschwerlich. Wie altes, trockenes Brot. Sie haben viel zu kauen. Und wenig zu lachen. Für viele Menschen sind alle Züge schon abgefahren. Der Speisewagen entschwand vor ihren Augen. Mit ihnen blieb die Mühsal zurück.
Für viele Menschen ist aber die Sehnsucht lebendig, das Leben zu teilen. Dabei essen wir alle zusammen das beste Brot. Das schmeckt dann wie das Brot, das Elija hingestellt bekam: „das in glühender Asche gebacken war“.
Gleich bringen wir Brot und Wein zum Altar. In einem großen Lob preisen wir den, der sein Leben mit uns teilt. Brot, das vom Himmel herabkommt. Wo der Himmel ist? Jesus sagt: „Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt.“
STEH AUF UND ISS!
Hat Elija lebendiges Brot gegessen? Brot vom Himmel? Doch! Elija lernt Gott kennen. Wie frisch gebackenes Brot, wie kühles Wasser! Alles, was er von ihm zu wissen glaubte, muss in der Wüste zurückbleiben. Ob Elija mit seiner Lebensgeschichte Frieden schließen konnte? Gott fängt mit Elija neu an. Um seinetwillen und ihm zuliebe. Viele Seiten Elijas schlummern in mir. Der Eifer, die Leidenschaft, die Aggression. Was wir brauchen? Brot. Mehr nicht? Brot, das vom Himmel kommt!
Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich!
Seneschall Matthias David